Es gibt Dinge, die gibt’s halt nur in Wien. Die auch nur in diese wunderbare Stadt mit ihrem prunkvollen, imperialen Erscheinungsbild aus längst vergangenen Tagen passen, die ihr reiches künstlerisches, intellektuelles und kulinarisches Erbe mit Fug und Recht mit großem Stolz und nicht bloß der Tourismusstatistik zuliebe operettenhaft inszeniert hochnäsig in die Welt trägt.
Es sind diese kleinen Verspieltheiten, dieses Gespür fürs vermeintlich Nebensächliche, und natürlich der Schmäh – auch wenn man ihn nicht immer gleich versteht –, die Wien zu Wien machen. Unverwechselbar, einzigartig und grandios schmackhaft – und das sagt jetzt eine, die eigentlich aus Bayern kommt. Dass ist dort, wo der Geschmack – so sagt man gerne im blau-weiß-blauen Freistaat – zu Hause ist. Wo, wenn man nur über den Münchener Viktualienmarkt streift, die Geruchszellen der Makrosmatiker-Fraktion bei jedem Atemzug in Hysterie versetzt werden, das Jacobsonsche Organ ob dieser olfaktorischen Üppigkeit bis weit über das Gaumenzapferl zu ertrinken droht und das Nasentier – der Hund – vor lauter Aufgeregtheit gar nicht mehr weiß, ob er jetzt mit dem Schwanz wedeln oder doch laut bellen soll. Und vielleicht stimmt’s ja, dass die Bayern den besten Leberkäs oder die beste Weißwurst machen, obwohl das zu beurteilen schon auch immer im Gaumen des Genießers liegt.
Was wiegt’s, das hat’s und da muss meine bayerische Verwandtschaft jetzt nicht ihr feines Schnauzerl pikiert rümpfen – Wien kann’s um ein kleines Euzerl besser, wie das mein Sacherwürstel-Erlebnis zeigt. Nun ist das Sacherwürstel ja die noble Variante des „gemeinen“ Frankfurter oder auch Wiener Würstchens und von daher sowieso keine Konkurrenz für den Leberkäs oder die gekutterte Kalbfleisch-Brühwurst, die man – ganz nach Bayern Stil – mit einer Brezn, süßem Senf und einer Maß Bier zuzelnd zum Gabelfrühstück verzehrt. Wenn man Mensch und nicht Hund ist, weil das mit dem Zuzeln bei uns Wuffis halt nur am Mama-Zuz und somit nur im zarten Kleinhundealter funktioniert. Oder hast Du schon mal einen meiner Artgenossen ein Würstel zuzeln gesehen 😉
Das geht halt nur in Wien
Aber zurück zum Sacherwürstel, das die Königin unter den „Wiener Würsteln“ ist. Was sich auch daran zeigt, dass diese extended Würstel-Version etwa am Wiener Opernball – zu extended Preisen – von der noblen Ballgesellschaft mit Stil, jedoch ohne Messer und Gabel verzehrt wird. Denn der feine Schnitt würde dem eleganten Sacherwürstel bereits von vornherein die Haut platzen lassen. Rund 25 Zentimeter ist diese allgemeine Gattungsbezeichnung dem „ordinären“ Frankfurter Würstel überlegen und erlaubt alleinig dem Hotel Sacher laut OGH-Spruch den Zusatz „echt“ oder „original“.
Nun, echt war das, was ich ein paar Häuser weiter von einem zur prachtvollen Location passenden livrierten und weiß behandschuhten Oberkellner als „Gruß des Hauses“ im Hotel Imperial serviert bekam, allemal. Und weder dem Sacherwürstel noch mir, der ich die feine Wurst wohltemperiert und für mein kleines Goscherl in mundgerechte Stücke zerteilt auf edlem Porzellan serviert bekam, gingen der Zusatz „original“ wirklich ab. Ein Sacherwürstel im Hotel Imperial, für einen kleinen, bayerischen Dackel, das geht halt nur in meiner Genusshauptstadt. Das geht halt nur in Wien 😊
Schmatz, schmatz und bis bald
Eure Julie